Datum/Zeit
Date(s) - 01/10/2019
19:00 - 21:00
Veranstaltungsort
Bibliothek der Freien im Haus der Demokratie
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Film im Rahmen der Themen-Woche 30 Jahre 89 – Keine Revolution ist auch keine Lösung!
Dokumentarfilm von Marta Dzido und Piotr Śliwowski. OmdU
„Die Geschichte dieser Frauen ist überwachsen mit Unkraut und Moos“
In den 1980ern hatte die unabhängige und selbstverwaltete polnische Gewerkschaft Solidarność über 10 Millionen Mitglieder – die Hälfte davon Frauen!
Aber ihr Beitrag, ihre jahrelange aktive Oppositionsarbeit, die maßgeblich zum Ende der Sowjetunion und einer neu gestalteten Welt beigetragen hat, wird in der aktuellen Geschichtspolitik fast vollständig ausgeblendet. Dabei waren diese Frauen in allen Bereichen vertreten: Sie waren in den Gremien aktiv, brachten Zeitungen heraus, arbeiteten konspirativ und übernahmen die Aufgaben der inhaftierten Genoss*innen — und das alles unter dem jahrelangen Verbot der Solidarność, der Kriminalisierung ihrer Arbeit und der Verhängung des Kriegsrechts über ihre Gewerkschaftstätigkeit.
Sie selbst und ihre Familien wurden als staatsfeindlich betrachtet und hatten unter Repressalien zu leiden. Und dennoch bewiesen sie den längeren Atem, teilweise auch länger als der ihrer männlichen Genossen:
„Als an einem Samstag im August 1980 die mit den Lohnerhöhungen zufriedenen Arbeiter ihren Streik beendeten und die Danziger Werft verlassen wollten, schlossen die Frauen die Werkstore und begannen einen Solidaritätsstreik. Ohne die Initiative dieser Handvoll entschlossener Frauen hätte es den gesellschaftlichen Umbruch in Polen womöglich nicht gegeben.“
Bei den Verhandlungen am Runden Tisch aber, waren sie nicht vertreten, bei der Übernahme wichtiger zukunftsweisender Posten spielten Frauen kaum eine Rolle.
Die notwendige feministische Perspektive auf die polnische Unabhängigkeitsbewegung
Wie konnten die Verdienste dieser Kämpferinnen für ein unabhängiges Polen so dermaßen in Vergessenheit geraten? Hier betreibt der Dokumentarfilm aktive Erinnerungs- und Verständnispolitik, zeichnet Wege und Entscheidungen nach, lässt Protagonist*innen zu Wort kommen und macht Entwicklungen nachvollziehbar. Dadurch arbeitet der Film auch die Vielschichtigkeit dieser politischen Frauen heraus. Ihre unterschiedlichen Beweggründe für ihr jeweiliges und gemeinsames politisches Engagement werden so deutlich. Dadurch erhält der Film eine ganz andere Form von Lebendigkeit und Relevanz — auch für unsere heutigen Kämpfe. Der Film ist im besten Sinne ein selbstreflektiertes Gegenstück zum oft ikonenhaft zitierten Mythos der Solidarność als Bewegung bärtiger Männer aus längst vergangenen Zeiten.
Denn die Frauen der Solidarność und ihr erfolgreicher Kampf müssen auf jeden Fall einen ganz neuen Platz im kulturellen Gedächtnis Europas erhalten – schließlich war es ihr Kampf, ihr Glaube an eine andere Welt, der unsere heutige Realität erst ermöglich hat!
Trailer: Die Frauen der Solidarność