Carl Einstein — ein verdammender Prophet der Moderne

Datum/Zeit
Date(s) - 27/02/2009
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Veranstaltungsort
Bibliothek der Freien im Haus der Demokratie

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Sinnsuche eines libertären Denkers

Carl Einstein

Carl Einsteins Ruhm als einer der profundesten Kenner und Kritiker der Kunst und Kultur der Moderne, den er in den 20er und 30er Jahren genoss, scheint heute weitestgehend verblasst zu sein. Bereits 1912 nahm er in seinem Anti-Roman »Bebuquin oder die Dilettanten des Wunders« die Stilistiken von DADA und Surrealismus vorweg. Mit seiner Schrift über die »Negerplastik« (1915) war er einer der ersten, die den eigenständigen ästhetischen Wert dieser außereuropäischen Kunstwerke erkannten und würdigten. Die 1926 von ihm herausgebrachte »Kunst des 20. Jahrhunderts« kann bis heute als eine der fulminantesten Schriften über die Entwicklung der künstlerischen Tendenzen seiner Zeit angesehen werden. In den 20er Jahren einer der eigenwillig scharfzüngigen Publizisten und Kritiker der Republik von Weimar, ging Einstein 1928 nach Paris und gab dort zusammen mit Georges Bataille und Michel Leiris die einen neuen erweiterten Kulturbegriff vertretende Zeitschrift »Documents« heraus. Anfang der 30er Jahre vollzog Einstein dann mit seiner Schrift: »Fabrikation der Fiktionen« eine beispiellose Abrechnung mit der idealistischen Intellektuellenkultur, dieser radikale Bruch mit seinen früheren Versuchen, die Kunst der Moderne einer kollektiven Massenbasis zu vermitteln, schlug ihn nun auf die Seite des aktiven politischen Handelns. 1936 kämpfte Einstein auf Seiten der Anarcho-Syndikalisten in der Kolonne Durruti gegen die Faschisten. 1940 nahm er sich auf der Flucht vor den Nazi-Truppen das Leben. Der Vortrag versucht Einsteins Leben und Werk in seiner Vielschichtigkeit mit all seinen Brüchen neu zu beleuchten und so seine Existenz, die er selbst zum permanenten Experiment erhob, dem Vergessen zu entreißen. (Vortrag und Diskussion)