Eine Veranstaltung in der Bibliothek der Freien am Freitag, 2. März 2007 [Ankündigung]
1. Beitrag
Kein Gott, kein Staat, kein Vaterland – damit ist die Position vieler Anarchisten auf eine Parole gebracht. Eine andere anarchistische Position kritisierte das organisierte Christentum und ihre Rituale und Herrschaftsgelüste, verwirft aber den Glauben an Gott nicht, betonte aber die Nächstenliebe und appelliert an die Gewaltlosigkeit. Jesus ist für sie ein Anarchist.
Toleranz
Eine Erfahrung ist: Religionen und Ideologien sind nur solange tolerant wie sie nicht an der Macht sind. Sobald sie es sind versuchen sie nicht gegen andere Ansichten zu polemisieren sondern sie versuchen sie zu unterdrücken und auszurotten – d.h. praktisch: andere zwangszubekehren und wo das nicht klappt die Menschen umzubringen.
Weiter zeigt sich das zum Beispiel der Islam und das Christentum sich zwar gegenseitig bekämpfen – sie sich aber sofort einig sind wenn es um Ungläubige und den Atheismus geht.
Atheismus
Heisst das, der Atheismus ist deshalb den Religionen überlegen weil er anstelle eines Glauben die Vernunft setzt?
Der marxistische Ideologie versucht die Vernunft für sich zu vereinnahmen – wie die Geschichte zeigte endete auch das in Gewalt Unterdrückung und Herrschaft. Das Problem scheint also weniger eine Frage der Religion [ob also jemand vertrauen in die Wissenschaft hat oder lieber auf Wunder wartet ] sondern eines des ideologischen und religiösen Dogmatismus und Fundamentalismus.
Wie weit will ich gehen um meine Grundsätze durchzusetzen?
Staat und Religion
Und es ist ein Problem des Staates.
Dort wo der Staat die Fragen des Glaubens oder Nichtglaubens zu seiner Sache macht herrschen Gewalt und Unfreiheit. Religion ist dort eine Ideologie der Macht. Die historischen und kulturellen Verbindungen von Religionen und Staat sind vielfältig. Nicht grundlos existiert die Forderung nach Trennung von Staat und Kirche. In Deutschland wurde die Trennung von Staat und Kirche noch immer nicht vollzogen. Der Staat zieht wie selbstverständlich die »Kirchensteuer« für die christlichen Grossorganistionen ein. Nicht eine Grossveranstaltung des Staates ohne das ein Vertreter der herrschenden Religion anwesend ist – nicht ein religiöses Fest, zu dem sich nicht ein Vertreter des Staates sehen lässt.
Religiöse Fragen sind keine Fragen die den Staat etwas anzugehen hat. Religiöse Organisationen die sich an seine Stelle setzen wollen sind nicht besser als der Staat selbst.
Werte
Selbstverständlich braucht niemand Religion um »Werte« zu besitzen – Die katholische Kirche behauptet da ja etwas ganz anderes. Die modernen humanistisches Ideale sind entstanden trotz der Christlichen Kirchen und gegen ihren Willen und ihren Anschauungen.
Anarchisten können antitheistisch, atheistisch oder religiös auftreten. Anarchisten haben also keine grossen Schwierigkeiten ihre anarchistischen Ansichten zu verbinden.
Wie auch immer Anarchisten ihre Vorschläge und Normen begründen – klar ist: jeder einzelne ist da auf sich selbst angewiesen.
Welche Position können Anarchisten einnehmen?
Meiner Meinung nach kommt es in erster Linie darauf an auf aggressiv Einriffe in das Leben anderer zu verzichten, das Recht der anderen auf Selbstbestimmung respektieren und die Freiwilligkeit als Organisationsprinzip in allen Bereichen des sozialen Lebens zu fordern. Dazu gehört eben auch die Freiheit sich einer Religiösen Gemeinschaft anzuschließen oder nicht anzuschließen.
Jedes Individuum hat das Recht, aggressive Eingriffe – seien sie religiös oder ideologisch-begründet – abzuwehren.
Das Recht auf Austritt
Keine Religion hat das Recht gegen Menschen vorzugehen die nicht oder nicht mehr Mitglied ihrer Vereinigung sind. Und keine Religion oder Organisation hat das Recht Menschen daran zu hindern aus ihr auszutreten.
Letzteres ist leider ein grosses Problem da nicht nur Dogmatiker und fundamentalistischen Vertreter der grossen Religion ihren Besitzanspruch an einem Individuums auch mit Hilfe des Staates gegenüber ihren Mitgliedern und sogar gegenüber dritten durchzusetzen versuchen.
Patriarchat
Frauen daran zu hindern abzutreiben oder sie dafür zu bestrafen wie im christlichen Europa, Frauen als Menschen zweiter Klasse zu behandeln wie im Islam wäre nicht mehr möglich wenn es ein umfassendes Austrittsrecht und Gewaltverzicht gäbe. Nur dort wo der Staat keinen Einfluss hat oder verschwunden ist bestünde eine kleine Chance das sich die Menschen frei ihrem Glauben zu oder abwenden, ihre Werte und Normen vertreten, diskutieren, verändern und verteidigen können.
Doch das ist Utopie.
Staatlicher Kollektivismus und Antisemitismus
In der Realität erleben wir einen umfassenden staatlich-religiösen Kollektivismus der dem Individuum nur wenig Raum lässt und manchmal sogar keinen Raum lässt – und erst Recht nicht, wie oben beschrieben, wenn man eine Frau ist. Der aktuelle Antisemitismus in Deutschland der unter dem Deckmantel der Solidarität mit Palästina auftritt und der islamofaschistische Hass auf die Juden ist ein Beispiel dafür das aus der Geschichte nichts gelernt wird. Die Welt ist keine der freien Individuen sondern eine in der psychotischen religiösen und nationalistische Kollektive.
Religionsfreiheit – Freiheit von der Religion
Jede Person wird durch die Zugehörigkeit zu einem Kollektiv oder einer Gruppe definiert. Freiheit der Religion heisst heute nicht das sich eine Person frei von Religion machen könnte sondern das die Religionen unter staatlichem Schutz und Protegé die Freiheit hat das Individuum unterdrücken und in seinem Kollektiven aufzulösen
Der Staat fördert Zwangskollektive
Diesen Kollektivismus ermöglicht der Staat weil er der grösste aller Zwangskollektivisten ist. Erst seine Struktur als zentrale Gewalt gibt all diesen Religionen und Ideologien die Möglichkeit eine monströse umfassende Herrschaft zu errichten oder sich – wie in den bürgerlichen Demokratien – daran zu beteiligen – so erhält der Staat sich selbst und seine parasitäre Existenz und stattet sie noch mancherorts spöttisch mit den Weihen des Höheren aus.
2. Beitrag
Zum Thema Anarchismus und Religion gehe ich von drei Thesen aus.
1. These: Eine emanzipatorische, hierarchiefreie Religion ist selten, aber möglich.
Beispiele hierfür wären etwa Thomas Müntzer, der den aufständischen Bauern im Jahre 1525 predigte: »seid getrost und tut Gott den Dienst und vertilget die Obrigkeit. Denn was hilfts, ob wir schon Frieden machten mit ihnen, denn sie wollen doch fortfahren, uns nicht freizulassen«. Ein anderes Beispiel liefert die aus der russischen Kirchenspaltung im 17. Jahrhundert hervorgegangene Sekte der Duchoborzen, die jede weltliche Regierung ablehnten, sowohl den Kriegsdienst als auch jede Eidesleistung verweigerten und den Zaren nicht anerkannten. Unter dem Herrgott sind alle Menschen gleich, argumentierten sie, also kann es auch keine Herrschaft des Menschen über den Menschen geben. Der Junghegelianer Ludwig Feuerbach erklärte schließlich: »Nicht Gott schuf den Menschen nach seinem Ebenbild, sondern der Mensch schuf Gott nach seinen Wünschen und Bedürfnissen« – also wäre entsprechend unseren emanzipatorischen Wünschen und Bedürfnissen auch eine emanzipatorische Religion vorstellbar. Es mag zwar in der Geschichte eine Minderheitenposition sein, aber Religion kann den Menschen auch zu einer unerschrockenen Vertretung seiner Interessen und zur Negation von Herrschaft motivieren.
2. These: Religiöse Institutionen können wir nur als Institution, nicht als Religionsgemeinschaft kritisieren
Wenn wir Religion entsprechend dem eben gehörten Zitat Feuerbachs verstehen, könnte Religion im Prinzip allen bieten, was sie gerne hören wollen: den Unterwürfigen die Unterwerfung, den Rebellen die Empörung usw. Dennoch ist unübersehbar, daß institutionalisierte Religionen überwiegend den Gehorsam predigen – wie alle Institutionen. Alle möglichen Aspekte institutioneller Herrschaft finden wir daher auch bei institutionalisierten Religionen wieder, z.B. die Legitimation von Über- und Unterordnung, die Abschätzigkeit gegenüber dem sog. »begrenzten Untertanenverstand« der Leute an der Basis, der Versuch, Partikularinteressen den Anstrich von allgemeingültigen Erfordernissen zu geben usw. Diese Degenerationsformen von Institutionen finden sich in institutionalisierten Religionen wie in einem Brennglas verstärkt wieder, da sie in einer jahrtausendelangen Tradition schon im Detail durchgespielt worden sind. Institutionalisierte Religionen sind deswegen stilgebend für Autorität schlechthin geworden. Die einst speziell auf die Kirchen bezogenen Fachbegriffe wie Hierarchie [eigentlich: heilige Ordnung] und Laie [eigentlich: Nichtkleriker] wurden z.B. als auf die Spitze getriebene Erscheinungsformen von institutioneller Herrschaft verstanden und sind als solche in den allgemeinen Sprachgebrauch eingegangen. Institutionalisierte Religionen sind also das große Anschauungsobjekt, an dem sich Institutionen-Kritik abarbeiten kann. Die dynamische Verbindung von Religion und Herrschaft beschädigt dabei vor allem die Idee der Herrschaft, examplarisch sogar jeder Herrschaft, beschädigt jedoch nicht die Idee der Religion. Die Erscheinungsformen von Religion sind lediglich Symptome allgemein gesellschaftlicher Zustände.
3. These: Es gibt keine anarchistische Religionskritik
Es gibt nur die Anwendung der bereits existierenden anarchistischen Ideologie- und Institutionenkritik auf die Religion. Der Herrschaftsanspruch von Religionen wird von Libertären als Herrschaftsanspruch zurückgewiesen, wie alle anderen Übergriffe gegen das Selbstbestimmungsrecht der Gesellschaft auch. Ob der Mensch aufgrund einer beanspruchten Religionskompetenz von religiösen Instanzen unterdrückt wird oder aufgrund einer beanspruchten Regelungskompetenz eines staatlichen Zwangsapparats, macht keinen Unterschied. Denk- und Verhaltensverbote von religiösen Autoritäten oder z.B. von professoralen Autoritäten oder z.B. von beamteten Autoritäten verstehen Libertäre unterschiedslos als Übergriffe gegen die Autonomie des Individuums.
Was bedeutet das für unsere Strategie und Taktik? »Einen Tisch kann man umwerfen und eine Fensterscheibe zertrümmern;« schrieb einmal der deutschjüdische Anarchist Gustav Landauer, »aber die sind eitle Wortemacher und gläubige Wortanbeter, die den Staat für so ein Ding halten, das man mal eben zertrümmern kann, um es zu zerstören. Staat ist vielmehr ein Verhältnis, ist eine Beziehung zwischen den Menschen, ist eine Art, wie die Menschen sich zueinander verhalten; und man zerstört ihn, indem man andere Beziehungen eingeht, indem man sich anders zueinander verhält.« Daß die Menschen dieses neue Verhältnis zueinander finden, setzt meines Erachtens keine speziell antireligöse Überzeugung voraus, sondern daß sie sich von allen selbsternannten Wortführern – seien es Funktionäre, Polizisten oder Bischöfe – gleichermaßen frei machen.
3. Beitrag
Das vermeintliche Wiedererstarken der Religion findet nur in bestimmten Teilen der Welt statt. In westlichen Demokratien ist Religion nur noch ein Teil vom ganzen. Die Christen selbst sehen das gar nicht so. Dieses Dilemma spiegelt sich in den Medien wider.
Woimmer es Bürgerkrieg gibt, ist in den Medien von Chaos und Anarchie die Rede. Man wünscht sich doch allzu sehr eine Ordnungsmacht, die – der Rhetorik halber – ein Tor zur Demokratie öffnen soll.
Allerdings gibt es Tendenzen, die teure Demokratie vermittels der militanten Islamisten auszuhöhlen. Für autoritäre Staatsvisionen kommen sie wie gerufen. Gleichwohl sollte man die Fähigkeit der Herrschenden zu differenzieren nicht unterschätzen.
Die zornigen jungen Männer, die in islamischen Ländern extrem zahlreich sind und eine »ehrenvolle« Tätigkeit suchen, im eigenen Land nicht finden und auch nicht auswandern können, stellen ein großes Gewaltpotential dar- gegen und mit den offiziellen Staaten.
Der Islam wird nur opportunistisch benutzt, als Rechtfertigungsideologie! Die Islamisten in ihren Vernichtungsträumen und ihrer Lebensverachtung sind vergleichbar mit den Christianisten im aktuellen wie historischen Sinn: eine in den Staub geworfene Bibel führt zu einem Massaker an der Urbevölkerung Südamerikas.
Die Religionen mit und ohne Extremisten freilich waren und sind im Wesentlichen immer Pate der weltlichen Herrschaft. Soweit sie Sexualität nur zulassen, um Kinder zu zeugen, erweisen sie sich als beste Stütze der Macht. Es muss nicht verwundern, dass derart gebrochene Menschen Selbstbewusstsein mit Aggression verwechseln und ihre Lust in Herrschaft finden.
Das »Neue-Papst-Spektakel« hatte unter den zahlreichen Zuschauern und Bewunderern gar nicht so wenige, die selbst nicht nach den katholischen Regeln leben. Es ging um die gefällige Inszenierung für ein Imperium, von dem es nur noch die Kulisse gibt. Vergleichbar ist das Bekenntnis zum Christentum oft nur noch Maske in jener Kulisse.
Die Opferbereitschaft für Gott, König und Vaterland ist in westlichen Ländern gering geworden. Aber selbst das leben für andere: ich habe ein Haus, Frau, wir sind nicht kirchlich getraut, Kinder, ein Auto, ein Hund, ist ein religiöser Nachklang. Mich stört nicht die Tatsache, sondern der Gestus der Repräsentation. Das Opfer für andere findet seine zivile Analogie im Leben für andere. Unsere Atheisten sind eben fromme Leute.
Was mich an der Bibel stört, ist ihre Widersprüchlichkeit. Jeder kann alles finden und interpretieren. Aber warum überhaupt einen Widerspruch vermeiden? Eine Frage ganz im Sinne der zeitgemäßen Beliebigkeit: Kann jeder glauben, was er will. Ich kann mich mit anderen nicht verständigen auf der Ebene: Folge meinen Widersprüchen. Das stiftet Willkür sprich Herrschaft.
Der Zusammenbruch der relativ sicheren Ost-West-Konstellation und die verschärfte ökonomische Konkurrenz mag bei vielen Irritationen ausgelöst haben und infolgedessen ein rückwärtsgewandtes Sicherheitsdenken nach vermeintlich klaren Regeln erzeugt haben. Wenn es diesbezügliche Gene gäbe, müsste man sie abschaffen. Alle möglichen Sekten halte ich nur dann für gefährlich, wenn sie mit den autoritären Staatsvisionen konform gehen. Alles, was darunter bleibt schädigt bestimmte Betroffene finanziell oder seelisch. Aber in diesen Fällen neige ich doch dazu zu sagen: selbst schuld.
Gehört zur Meinungsfreiheit auch die Freiheitsmeinung? Gehört zur Glaubensfreiheit auch der Freiheitsglauben? In der libertären Utopie ist die Zweck-Mittel-Relation am besten aufgehoben, um ein besseres Verhältnis Notwendigkeit-Freiheit zu erreichen und ständig zu transzendieren. Damit habe in meinem Bedürfnis nach Transzendenz genüge getan – zumindest für heute.
4. Beitrag
Ein religiöses Verhalten läßt sich als geistige Selbstentfremdung bestimmen. Das Produkt seiner eigenen intellektuellen und emotionalen Tätigkeit tritt dem Gläubigen gegenüber als fremde, ihn beherrschende Macht, deren Geboten er sich zu unterwerfen hat. Im jeweiligen Ausmaß der Gewissensbisse, die sich in Folge von Zuwiderhandlungen einstellen, manifestiert sich der Verinnerlichungsgrad des selbstgeschaffenen Zwanges.
Diese manifeste Preisgabe innerer Ungebundenheit ist sozusagen der eine Teil des religiösen Deals. Sie ist der zu entrichtende Tribut dafür, daß der religiöse Mensch sich »gläubig«, also in letzter Instanz bedingungslos, reflexionslos und entscheidungsentlastet an eine überlegene Autorität anlehnen und damit einen Teil ihrer Stärke gewinnen darf. So imaginär diese Teilhabe durch Unterordnung auch ist, von den Betreffenden wird sie als existentiell stabilisierende »Gnade« empfunden, ohne die sich ihr individuelles Dasein in einem Jammertal dunkler Halt- und Sinnlosigkeit zu verflüchtigen droht.
In prägnanter Treffsicherheit notierte Arthur Schopenhauer dazu die folgende Sentenz:
»Der Anfang der THEOLOGIE ist die FURCHT: daher es, wenn die Menschen glücklich wären, nie zur Theologie käme.« 1
In seinem Bekenntnis kompensiert der gemeine Gläubige also die Erfahrung eines Mangels – der religiöse Eiferer überschreit sie. Die mehr oder weniger deutlich zur Schau gestellte Aggressivität des letzteren soll Selbstgewissheit und Stärke suggerieren. Bei genauerem Hinsehen kann sie aber kaum darüber hinwegtäuschen, daß auch ihn die nackte Angst davor treibt, auf die ureigene Individualität als realem Zentrum und einzigen Ausgangspunkt seiner Existenz zurückgeworfen zu sein.
Macht- und Hilflosigkeit als durchgehende Grunderfahrungen der empirischen Lebenssituation führen offensichtlich dazu, daß man sich ohne Beistand nicht mehr zu regen traut, Glück ohne psychisches Korsett fürs kleingehaltene Ich unerreichbar scheint. Die Furcht vor der Freiheit provoziert die Verirrung ins Religiöse und verewigt darüber tendenziell die Ohnmacht und Manipulierbarkeit des einzelnen.
In der Grundmelodie seiner Welt- und Lebenssicht scheint mir der Anarchismus hierzu ein probates Gegengift bereitzustellen. Mit dem Bestreben, das soziale Miteinander ausgehend vom Selbstbestimmungsrecht des einzelnen im hier und jetzt neu zu konstruieren, proklamiert der Anarchismus die Anerkennung der konkreten Individuen in ihrer jeweiligen Einzigartigkeit zum obersten Wert seiner emanzipatorischen Ethik.
Mehr als jede andere politische Philosophie fördert er damit eine Mentalität selbstbewusster Beharrlichkeit und gegenseitiger Rücksichtsnahme. Wem es mit dem Anarchismus für seine persönliche Lebensführung ernst ist, dem werden nicht nur die eigenen Ansprüche wichtig, sondern auch die Sensibilität für die Verfasstheit und Bedürfnisse des sozialen Gegenüber. Eine lebenspraktische Maxime, aus der heraus soziale Zusammenhänge entstehen können, in denen egalitäres Umgehen, Einfühlungsbereitschaft und Toleranz den Ton angeben. Im Vergleich zur bisherigen Gesellschaftskultur der autoritären Anmaßung und zwischenmenschlichen Konkurrenz scheinen mir das weitaus bessere Bedingungen für eine angstfreie Selbstentfaltung des einzelnen zu sein, die es ihm schließlich auch erlauben, seine religiösen Krücken abzulegen und aufrecht auf den Beinen des eigenen Ichs zu stehen.
Der methodische Ausgangspunkt anarchistischen Denkens kann seine antireligiösen Implikationen auch auf ideologiekritischer Ebene bewähren, indem er den Blick schärft für entfremdete Fixierungen, auf deren Altar die Individuen ihre Interessen zu opfern geneigt sind. Hierunter fallen bei weitem nicht nur Theismus und Klerikalität oder Staatsaberglaube und Revolutionsfetischismus. Beispielsweise kann auch das Festhalten an überlebten Formen der Geselligkeit für den einzelnen früher oder später zum wöchentlichen Gottesdienst degenerieren, an den ihn letztlich nur die Angst vor einem individuellen Aufbruch zu neuen Ufern des Lebensglücks bindet.
Abschließend bleibt zu betonen, daß hier ganz bewußt nur von der Grundmelodie anarchistischer Welt- und Lebenssicht die Rede war. Was Theoriebildung und konkrete Umgangsformen angeht, weist das anarchistische Konzert in seinen weiteren Ausformungen leider immer wieder erhebliche Dissonanzen und Mißtöne auf, welche den Zeitgenossen nur allzu oft den Hörgenuss verderben. Schon allein deswegen sollten Bescheidenheit und Toleranz gegenüber Andersdenkenden nicht nur im eigenen Lager ganz oben auf der aktuellen Prioritätenliste der Libertären stehen. In diesem Sinne möchte ich mit einem Ausspruch von Johann Most aus dem Jahre 1888 enden, der auch heute noch von ungebrochener Aktualität ist:
»Jeder findet … leicht heraus, daß und wieso andere an fixen Ideen leiden; seine eigenen freilich erkennt er nicht, sondern hält dieselben für hochweise Resultate logischen Denkens. Er – der Mensch nämlich – dreht sich rechts, er dreht sich links, der Zopf, der hängt ihm hinten – jawohl, der Zopf, die fixe Idee, der Wahnsinn.« 2
1 Das Schopenhauer. Ein LeseBuch. Ein ABC für die Jetztzeit aus dem handschriftlichen Nachlaß, nebst einem Anhang, der die Kritik der korrupten Vernunft enthält, von Gerd Haffmans. Haffmans Verlag bei Zweitausendeins, Frankfurt am Main 2006, S. 102.
2 Johann Most: Die Freie Gesellschaft. Die INTERNATIONALE BIBLIOTHEK und Texte aus der FREIHEIT zum Kommunistischen Anarchismus. Herausgegeben von Heiner Becker. Mit Einleitung, Anmerkungen und ausgewähltem Personenregister versehen. Klassiker der Sozialrevolte 13. UNRAST-Verlag, Münster 2006, S. 126.
5. Beitrag
Religiöse Energie kann sich gegen die Gesellschaft richten, zum Beispiel indem friedliche Menschen ermordet werden. Sie kann sich auch gegen den Staat richten, wenn etwa Leute ihre Kinder selber erziehen oder sich auf ein Widerstandsrecht aus Gewissensgründen berufen. Sie kann dem Staat auch nützen: etwa durch Bekräftigung der Herrschaft von ganz weit oben her. Aber sie nützt niemals der Gesellschaft. Es waren wohl Bayle und Shaftesbury, die als erste behauptet haben, daß Christen keineswegs tugendhafter als Atheisten seien. Inzwischen ist ihre Behauptung experimentell bestätigt worden, was den beiden Aufklärern bestimmt gut gefallen hätte. So wurde kürzlich in der »Welt« geschildert, wie Schüler eines Priesterseminars zu einem Vortragsaal gingen, um über die Tugend des barmherzigen Samariters zu sprechen. »Auf den Weg dorthin lag ein Mann der einen plötzlichen Zusammenbruch täuschend echt simulierte und offensichtlich auf Hilfe angewiesen war. 16 der 40 boten Unterstützung an. Bei etlichen anderen Versuchen und realen Situationen, die Gläubige und Ungläubige gleichermaßen vor moralische Entscheidungen stellten, schnitten die Frommen nicht besser ab.«
Insoweit ist es merkwürdig, wenn sich heute selbst stramm-rechtgläubige Atheisten von der Wiederkehr der Religion eine Stärkung der Werte erhoffen. Ich vermute, sie denken dabei doch eher an den Staat. Für die moralischen Werte der Gesellschaft jedenfalls ist die Religion gerade nicht ein Segen.
Allerdings für mich, den Einzelnen.
In individualistischer Sicht ist die Religion nämlich eine feine Sache, weil sie das Machtverhältnis zwischen dem Einzelnen und der Gesellschaft umkehrt: nach säkularen Gesichtspunkten lebt der Mensch höchstens einige Jahrzehnte und ist dann für immer weg, während die Gesellschaften viele Jahrhunderte überdauern – die Gesellschaft ist das unvergleichlich größere Gebilde. Nimmt man jedoch die Unsterblichkeit des Einzelnen an, sieht es genau umgekehrt aus: das Leben in der Gesellschaft ist nicht mehr als eine rasch vorbeiziehende Episode im Leben des Einzelnen. Falls es zum Beispiel die individuelle Wiedergeburt gibt, dann haben wir alle schon wer weiß wie viele Gesellschaften gesehen, und könnten uns allmählich auch gelangweilt fühlen: wieviele denn noch?
Man mag das eine seltsame Vorstellung finden. Indessen erinnert uns ein Satz von Voltaire daran, daß mehrmals geboren zu werden nicht seltsamer ist als einmal geboren zu werden. Es ist nur auf eine andere Art seltsam. Denn auch der Säkularismus ist eine merkwürdige Art, über sich selber zu denken: Milliarden Jahre Dunkelheit, dann erscheint das Licht der Bewußtheit, ausgerechnet in diesem windschiefen Körper hier, hält sich mühevoll einige Jahrzehnte und ist dann für alle Zukunft erloschen. Sicher, könnte so sein. Aber wieso ich an dergleichen glauben soll, verstehe ich nicht. Diese Vorstellung löst keinerlei inbrünstige Hingabe bei mir aus, obwohl ich als moderner gebildeter Mensch selbstverständlich gehalten bin, sie zu akzeptieren.
Wie dem auch sei, der atheistische Individualist kommt jedenfalls nicht so weit weg von seiner Gesellschaft, von seiner Herkunft, seiner Umgebung, seinem Zeitalter. Er klebt mit seiner ganzen Existenz an diesen Dingen. Daher leidet er; er kann gar nicht so individuell sein wie er gerne möchte. Der gläubige Individualist hingegen wendet sich gelassen zur Welt: »Mich gibts immer noch, lange nachdem euer Narrenhaus vergessen ist.« Und somit kann man ja genausogut gleich jetzt mit dem Vergessen anfangen.
Religiöse Bewegungen haben gelegentlich in dieser Weise den Einzelnen gestärkt, und ein erheblicher Teil der Religionsgeschichte besteht in dem Versuch, dergleichen Stärkung des Einzelnen wieder abzubauen, um den Herrschern die Bravheit der Untertanen zu sichern. Hier sehe ich auch den Ursprung der Rede von den Werten, die von der Religion angeblich gefördert werden.
Zweifellos kommen große Übel von der Religion. Aber hat der Atheismus so viel Besserung gebracht? Alles in allem, möchte ich schließen, ist Gott das kleinere Übel.
Wenn es Ihn nur gäbe!
Dirk Maxeiner, Michael Miersch: Gute Seelen, Die Welt, 26.1.2007
Rolf Degen: Fromme sind nicht besser, bild der wissenschaft [2/2007].
6. Beitrag
»Vom Brot zu Gott und wieder zurück«
Wer heutzutage die offiziellen Medien verfolgt, wird sich des Eindrucks nicht erwehren können, als lebten wir in einem Zeitalter der allgemeinen Renaissance der Religion oder doch mindestens des religiösen Denkens.
Überall hört und liest man, vom islamischen Fundamentalismus, oder von abendländischen Werten die tief in »unserer christlichen Tradition und den damit verbundenen Überlieferungen wurzeln, und so mit die Entwicklung sowohl unserer europäischen, als auch der aus ihr hervorgegangenen amerikanischen Zivilisation entscheidend geprägt hätten«.
Ja man könnte geradezu den Eindruck gewinnen, als würde daß vergangene Zeitalter der Ideologien nun durch ein neues der religiösen Erleuchtung abgelöst werden, daß nun in seinem neu erstrahlendem Glanze die gesamten kriesenhaften Erscheinugsformen unserer modemen Gesellschaft, in sich aufzuheben imstande ist.
Kurzum als halbwegs vernünftig denkender Mensch gewinnt man den Eindruck, sich geistig irgendwie auf einem Weg zurück in die frühe Neuzeit, so ungetahr in Richtung 16. Jahrhundert zu bewegen.
Um wieder ein wenig Licht in diese obskurante Verdunkelung zu bringen, soll nun ein kleiner Abriß der Geschichte des religiösen Denken und seiner Ursprüngen folgen, um so deutlich zu machen in wieweit dieses Denken meistens in einer unheiligen Allianz mit Macht und Herrschaft zu beiderlei Vorteil bis in unsere Tage dienstbar gemacht wurde.
Religion [lat.] heißt laut Lexikon: Rückbindung an einen übergeordneten metaphysischen Seiensgrund, als ein höheres Prinzip was sowohl die Einbindung jedes einzelnen Individuums als auch die Gemeinschaft aller Lebewesen in einem determinierten Schöpfungsplan bedeutet. Diese Art von Vorstellung kristallisierte sich beim Homo Sapiens erst zu jenem Zeitpunkt heraus, als er die Kulturstufe vom Jäger und Sammler zum Ackerbauem und Viehzüchter überschritt.
In den vorausgegangenen kulturellen Entwicklungsstufen des Menschen, der nomadisch lebenden Jäger und Sammlerkulturen, herrschten eher magische Vorstellungen vor, um einer von ihnen als numinos empfundenen Natur zu erklären und notfalls bannen zu können. In der nun wesentlich komplexeren Lebenspraxis der Ackerbauem und Viehzüchter, waren viel umfangreichere Kenntnisse zum Erwerb und Erhalt von Nahrung und anderen lebenswichtigen Gütern erforderlich, hinzu kam eine größere Neigung zur Sesshaftigkeit was wiederum ein besseres Verstehen der umgebenen Natur in all ihren Zusammenhängen unerläßlich machte.
Diese Erkenntnisse, die Zyklen der Natur richtig für den Ackerbau zu nutzen, den richtigen Zeitpunkt für Aussaat und Ernte zu bestimmen waren zuerst nur wenigen erfahrenen meist älteren Mitgliedern einer Gemeinschaft bekannt, die dieses Wissen dann weiter vennittelten. Diese Menschen genossen dann als Kulturbringer große Achtung, und nach ihrem Tode verehrte man sie als Ahnen der jeweiligen Gemeinschaft weiter, die über die Einbaltung der von ihnen aufgestellten Regeln für den Ackerbau wachten.
Im Laufe der folgenden Jahrhunderte entspannen sich über diese Urszene der Entdeckung des Ackerbaus immer mehr Geschichten, Legenden und Sagen die sich letztendlich zu ganzen Mythologien verspannen, in deren Verlauf die Ahnengeister schließlich zu Göttern wurden. Diese Götter bildeten nun den schützenden Überbau, für die aus dem Ackerbau entstandene Kultur in ihrer gesamten Ausprägung, daß hieß die venneintlichen Götter wurden für das Wohl und Wehe dieser Kultur verantwortlich gemacht.
Um sie gnädig zu stimmen, damit sie auf immer ihre schützenden Hände über die Grundlagen der Kultur hielten, wurden nun den Jahreszyklus begleitende Rituale, Feste und Opferzeremonien entwickelt und kanonisiert Über die Einhaltung des genauen Ablaufs wachte von nun an Priesterkönige, die auch gleichzeitig die Verbindung zwischen Göttern und Menschen symbolisierten.
Somit hätten wir also eine frühen primitive Form von religiösem Denken, hervorgegangen aus dem Unverständnis eines großen Teils der Mitglieder einer Gemeinschaft über eine neuartige Gewinnung von Nahrungsmitteln und der damit in zusammenhang stehenden Naturprozesse. Eine ursprünglich rationale Produktionsweise von Nahrungsmitteln, also ein durchaus ökonomisches Prinzip zum Erhalt einer Gemeinschaft entwickelt innerhalb einiger Jahrhunderte, durch mythisierung einen zunehmenden irrationalen Charakter, der letztendlich zur Grundlage einer sich herauskristallisierenden Religion wurde. Interessant ist in diesem Zusammenhang, das Herausbilden von Hierarchien wie Pristerkönige, Könige und später ganzen Pristerschafften, die sehrwohl ihre Vorteile aus den sich ihnen angemasten Ämtern zu nutzen wußten. Somit wird hierbei deutlich, daß religiöse Vorstellungen, selbst in so archaischen Fonnen wie den oben beschriebenen, zu Mindest schon den Keim zur Entwicklung von klassengesellschaftlichen Ausbeuterordnugen wie sie Staaten nun einmal darstellen in sich tragen. Im weiteren Verlaufder Geschichte [zwischen Bronze-und Eisenzeit] bildeten sich die ersten Stadtstaaten heraus, gleichzeitig wurden aus vereinzelten Stämmen, Völker die nicht so sehr eine gemeinsame Sprache, als viel mehr die gleichen gemeinsamen religiösen Vorstellungen verband. Große zu Mythen verdichtete Erzählungen bildeten von nun an Klammer für diese Völker, die sie als Rückbindung an ihren Ursprung ansahen. Gleichzeitig dienten diese religiös motivierten Mythen ihren Königen zur Legitimation ihrer Macht, da sie sich als Abkömmlinge ihres jeweiligen Göttergeschlechts verstanden.
In folge dieser Entwicklung, expandierten einige dieser Völker und schufen so riesige Staatengebilde [Reiche Imperien] die einen enormen Verwaltungsapparat benötigten, somit entstanden nach und nach all jene institutionalisierten Strukturen die auch heute noch einen Staat ausmachen. Die Religion die sich in diesem Zeitraum ebenfalls zu immer komplexeren Strukturen entwickelte, lieferte mit ihren zum Dogma erhobenen Glauben die nötige Legitiemierung zum Erhalt der Macht der Herrschenden. Somit wurde die Religion zur Staatsdoctrie, die zum einen den Staat nach innen festigte in dem sie jegliche von ihr abweichende Vorstellung und Meinung sofort bekämpfte und im Keim erstickte, zum anderen dem Volk eine von den Göttern stammende nationale Identität verlieh, die es nun dazu ennächtigte in den Nachbarvölkem nichts als Barbaren zu sehen die zu nichts andern taugten als erobert, versklavt oder getötet zu werden. So ca. um 600 v.u.Z. ereignete sich dann eine Wende in den allgemeinen religiösen Vorstellungen einiger Völker. Wahrscheinlich waren es ökonomische Sparzwänge, die einen allmählichen Wandel vom Polytehismus zum Monotehismus zu Grunde lagen. Die Opferzeremonien für ein Pantehon das bei manchen Völkern mehre hundert zum teil divergierende Götter umfaßte, wurde letztendlich zu kostspielig, so daß man nach und nach die Zahl der einzelnen Gottheiten reduzierte und ihre Aufgaben auf immer wenigere verteilte, die man nun zu verschiedenen Imemationen eines Gottes erklärte, bis letztendlich ein einziger Gott übrig blieb und so der Monotheismus entstand Dieser neue häufig völlig zu Unrecht als Hochreligion bezeichnete Eingottglaube unterschied sich von seinen polytheistischen Vorgängern durch eine stärkere Hinwendung zu tranzendenten Erlösungsvorstellungen. Diese waren zwar bei einigen polytheistischen Glaubensvorstellungen latent vorhanden, spielten aber eine eher untergeordnete Rolle.
Mit dem Aufkommen des Christentums erhielt die monotheistische Glaubensvorstellung erstmalig einen universalistischen Anspruch, daß heißt ein Glaube erhebt Gültigkeit für alle Menschen gleich welchem Volke sie auch angehören. Der damit einher gehende Missionierungsauftrag führte zwangsläufig zu einem religiösen Alleinvertretunganspruch als einzige in Besitz des wahren Glaubens zu sein. Die ursprünglich emanzipatorischen Elemente des Christentums, wie die Gleichheit aller Menschen vor Gott und die Ächtung der Sklaverei die es zu einer Untergrundreligion machten, verflüchtigten sich im Dritten Jahrhundert als sich die Christen anschickten Staatsreligion zu werden. Die jeder Religion innewohnenden hierarchischen Strukturen von einem festgefügtem Oben und Unten ließen auch das Christentum zu einer Stütze von Macht und Herrschaft werden. Der Rest der Geschichte die bis heute fortwirkt ist bekannt.
Ich hoffe deutlich gemacht zu haben, durch welche Umstände Religion entstanden sein kann und wie sie letztendlich für das Aufkommen von Hierarchien, Machtstrukturen und den Staat verantwortlich wurde. Religion und Staat waren und sind zwei Seiten einer und der seIhen Medaille, wenn wir daß Eine nicht wollen, müssen wir Wohl oder Übel auch auf das Andere verzichten. Als freie Menschen sollten wir die Verantwortung für unser Leben selbst übernehmen und sie nicht an den Gadrobenhaken der Religion hängen.
7. Beitrag
Glaubensvorstellungen sind der Kristallisationspunkt menschlicher Weltanschauung.
An diesem Punkt trennen sich Gläubiger und Atheist in ihren fundamentalen Überzeugungen.
Würde es sich in erster Linie um eine rein argumentative Debatte handeln, wäre das Ergebnis zu Gunsten des Atheisten ausgefallen.
Da die Realität aber jeder theoretischen Anahme über diese Auseinandersetzung spottet und in der Vergangenheit es schon vorgekommen ist, dass der Atheist mit Repressionen nur aufgrund seiner Argumentation zu fürchten hatte [im besten Fall, wenn er danach noch lebte].
Was versteht man unter Glaubensvorstellungen?
Glaubensvorstellungen sind Annahmen über die Realität, die anders als bei empirischen Annahmen nicht von aktuellen Realitätsverhältnissen ihren Ursprung nehmen. So werden in der Naturwissenschaft Messdaten [empirische Beweise] gesammelt [Nachweis von Kausalität], im Gegensatz dazu sind bei einer religiösen Anschauung keinerlei empirische Beweise notwendig.
Die Vorstellung dass im Alltag auch nur entfernt so etwas jemals passieren wird ist unmöglich nachzuvollziehen. Ist man Anhänger einer Religion ist man an diese fantastischen Vorstellungen gebunden und verteidigt sie auch.
Das Problem in der Debatte ist, dass grundsätzlich alle fantastischen Wunder unbeweisbar sind oder aus eine Überlieferung stammen, der man einfach glauben muss!
Somit ist, ohne das jemals ein ernsthafter Diskurs stattgefunden hat, die Debatte auch beendet.
Denn wie soll man einem Glaubensdogma deren Wahrheit man nicht anzweifeln darf, argumentativ widerlegen, zumal man aufgrund der Unbeweisbarkeit für oder wider, nichts anführen kann.
Wenn wir aber anfangen Aussagen zu akzeptieren nur weil sie jemand behauptet und nur weil andere daran glauben, kann man alles behaupten und glauben, wenn man dies nur fest genug tut, unabhängig von dem tatsächlichen Realitätsgehalt.
Wo soll das hinführen!?
Wie kann ein Gläubiger seine religiöse Anschauung mit seinem Alltag in Einklang bringen?
Die Christen behaupten dieser Widerspruch sei Teil des Glaubens, man müsse halt glauben unabhängig davon ob dies realistisch sei oder nicht. Betrachtet man die religiösen Aussagen nur als Metapher, ist das festhalten selbst daran fatal, denn es werden grausame Moralvorstellungen ausgeführt, die jeder von uns ablehnen würde. [Steinigen u. Töten]
Glaubt man an den genauen Wortlaut der Aussagen, bleibt die entscheidende Frage, welchen der Aussagen glaubt man und welchen nicht, da ein guter Teil , widerlegbar sind. [Alter der Erde]
Ein weiterer Punkt ist auch, dass die Glaubensvorstellungen sich auf einen Bereich beziehen der sich der Erfahrbarkeit entzieht.
Dies wirft einen weiteren Widerspruch auf, den, dass wenn ich es nicht in Erfahrung bringen kann, wie kann ich dann Aussagen darüber treffen? Viele lassen sich trotz dieses Problems nicht davon abhalten weitere Aussagen zu fabrizieren!
Eigentlich sollte doch bei so fantastischen Behauptungen derjenige in der Beweispflicht stehen, der sie auch von sich gibt.
Im schlimmsten Fall hat die Glaubensgemeinschaft Macht ihre Vorstellungen auch in die Tat umzusetzen [Kreuzzug, Inquisition] und dann ist es nicht nur dumm einfach irgendetwas zu behaupten, sondern auch gefährlich.
Deswegen sollten wir alle auf die Religion mit ihren Glaubensvorstellungen verzichten, auch wenn die Vorstellung die tradiert wird noch so harmlos erscheint.
Inspiriert wurde dieser Beitrag durch Sam Harris und seinem Buch »The End of Faith«, im Internet zu finden unter Sam Harris‘ Internetseite